Private Wetterstation Attenhofen 466m über NN in der wunderschönen Hallertau (Bayern)

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Altweibersommer ante portas

Hallo zusammen,

im mittlerweile verflossenen Sommer wurde unser mitteleuropäisches Wetter bedeutend vom Westdrift beeinflusst. So kam es durch die rasche Abfolge von Tiefdruckgebieten und Zwischenhochs zu einem unter dem Strich unbeständigen und von häufigen Wetterwechslen geprägten Sommer, der daraus resultierend auch in häufigen Gewitter- und teilweise Unwetterlagen mündete. Doch in den kommenden Tagen kehrt (herbstliche) Ruhe ein.

Wollen wir uns zu allererst die aktuelle Stromlinienkarte auf der 300hPa-Ebene widmen: Zu erkennen ist ein gut ausgeprägtes Tiefzentrum bei Island, dass einen Trog in Richtung der Azoren stößt, sodass dieses westlich versetzt auf dem Atlantik liegt. Ferner erkennen wir den Cut-off über Italien, der sich in den letzten Tagen von der Polarfront abgeschnürt hat. Insgesamt sieht man einen eher schwach ausgebildeten Jetstream, der viele Windungen besitzt und somit an Strömungsgeschwindigkeit einbüßen muss. Daraus resultierend können sich hierdurch keine starken Zyklonen bilden respektive vertiefen, sodass im Endeffekt der Westdrift schwächelt.


Auch hier ist der Langwellentrog mit Kerntief bei Island gut zu erkennen. Dieses setzte Warmluftadvektion in Gang, sodass das daraus resultierend einen Geopotentialanstieg für Mitteleuropa zur Folge hat. Korrespondierend dazu die Kaltluftadvekrion aus dem Seegebiet über dem Labradorstrom, die in Richtung des mittleren Atlantik nach Süden stößt. Da der Atlantik allerdings noch relativ warm ist, führt die einfließend Kaltluft zur Labilisierung und hält den Trog weiterhin bei Stärke. Davon abgekoppelt bringt unser kleines "Ei" im Mittelmeerraum warme Luft nach Norden, weshalb auch hier ein Hochdruckgebiet über Osteuropa gestärkt wird. In den kommenden Tagen wird der Cut-off allerdings durch fehlenden Energienachschub im Sinne von Temperaturgegensätzen langsam den Geist aufgeben uns sich schließlich auflösen. Übrig bleibt im Endeffekt ein leichter Geopotentialanstieg für Europa.


Zur Ergänzung der Thesen noch die Äquipotenzialtemperaturen. Einerseits macht die Kaltluftproduktion im Raum Labrador/Grönland schon auf sich aufmerksam, die dann den Trog im Großraum Island "füttert" und sogar das Azorenhoch unter Kaltluft setzt, sodass dieses bleischwer an Ort und Stelle liegen bleibt. Darüber hinaus treiben tropische Systeme immer wieder Warmluft ins Geschehen, was noch von Bedeutung sein wird.


Vergegenwärtigen wir uns die Lage nun in 2 Tagen (+48h): Der Trog sitzt immer noch an Ort und Stelle und macht sogar Anstalten wieder mehr in Richtung Zonalisierung zu tendieren. Das zugehörige Bodentief ist inzwischen etwas weitergezogen ins Seegebiet zwischen Island und Norwegen. Unser fast schon ehemaliges Cut-off liegt an der Küste der Türkei und ist im wahrsten Sinne des Wortes nur noch "Schnee von gestern". An dieser Stelle kommt der Bruch in der aktuellen Großwetterlage.


Diesen angesprochenen Bruch möchte ich mit Hilfe der oben geposteten Karte erklären. Der ehemalige tropische System ist nun mittlerweile im zentralen Atlantik angekommen und bringt ordentlich Warmluft ins Spiel. Das Tief kann abgekoppelt vom Jetstreak polare Kaltluft einbinden und sich somit nochmal ordentlich vertiefen (-10hPa/24h). Aber der springende Punkt ist, dass es an Geschwindigkeit verliert, da erstens der Jet ziemlich langsam ist und zweitens es die mit Kaltluft angefüllte Azorenhochzelle vor sich hertreibt. Durch die langsamere Geschwindigkeit treibt sie die Meridionalisierung weiter voran, was bedeutet, dass die Austrogung über dem Atlantik wieder zunimmt und sich in Richtung Europa ein Rücken ausbilden kann.


Beim Höhepunkt der Entwicklung in 4 Tagen (+96h) sehen wir dann, dass sich die Zyklone auf dem Atlantik in Richtung der polaren Luftmassen bewegt hat, um weiterhin "günstig Energie zu tanken", was auch durch den weiteren Druckfall (mittlerweile -25hPa/48h) gelungen sein dürfte. Auch die Folgen der Verlangsamung und somit die Abschwächung des Westdrifts ist erkennbar. Die Meridionalisierung ist vorangeschritten und schiebt auf der Vorderseite einen Warmlufhaufen samt ehemalige Azorenhochzelle vor sich her, während sich auf der Rückseite weiterhin polare Luftmassen in den warmen Atlantik ergießen und die Austrogung andauern lassen.


Weitere 2 Tage später (+144h) erkennt man noch die Reste des Bodentiefs vor Schottland. Ihren Auftrag "Altweibersommer" hat sie durch die markante, gar deutlich südlich der Azoren reichende Austrogung erfüllt. Die entstandene Schwesterzyklone hält bei den Azoren vor Ort die Stelle und pumpt fleißig weiter Warmluft in Richtung Europa, während sie im quasistaionären Trog nun durch eine weitere entstandene Zyklone Antrieb durch die Kaltluftadvektion nach Süden erfährt. Der aufgebaute Rücken über Mitteleuropa mit dem korrespondierenden Bodenhoch über der Ukraine, sowie die vor Europa von Südwesten nach Nordosten verlaufende Frontalzone sorgen bei uns nun für angenehmen Altweibersommer. Dieses Wetter könnten in der Tat noch ein paar Tage (womöglich auch Wochen) anhalten, sofern die Meridionalisierung durch günstig verteilte Luftmassenadvektion und Druckverteilung dieses hergeben, wahrscheinlich auch wieder regeneriert werden.

Quellen: www.wetterzentrale.de, GFS 06z vom 20.09.2011

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© Florian Huber

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